Noch durchfahren oder nicht?
Soll ich noch schnell durchflitzen oder ist das verboten? An Fussgängerstreifen mit einer Mittelinsel sind sowohl Autofahrende wie Zufussgehende oft irritiert: Darf das Auto noch durchfahren, obwohl bereits jemand von der anderen Seite auf die Mittelinsel zuläuft?

Im Binnenland Schweiz fehlt es nicht an Inseln: Immer mehr Verkehrsinseln gesellen sich bei uns zu den Fussgängerstreifen und teilen sie in der Mitte. Aber warum eigentlich? Studien dazu besagen: Solche «doppelten» Fussgängerstreifen erhöhen die Sicherheit deutlich. Autofahrende erkennen diese Zebrastreifen früher, besser und stoppen auch williger – weil die Insel optisch die Fahrbahn verengt. Zufussgehende wiederum fühlen sich sicherer und laufen seltener schräg oder ein paar Meter weiter über die Strasse – weil die die Insel sie leitet. Es macht also Sinn.
Gesetzlich ist es einfach: Die Mittelinsel macht aus einem Fussgängerstreifen zwei. Das heisst: Für jede Hälfte gilt, was sonst für jeden durchgehenden Zebrastreifen gilt. Wer zu Fuss die Insel erreicht, muss zwar nicht stehenbleiben, aber sich wie an jedem Streifen kurz vergewissern: Können die Autos rechtzeitig halten? Fahrzeuglenkende ihrerseits haben unbedingt den Vortritt der Zufussgehenden zu beachten, müssen also bremsbereit auf den Überweg zufahren und anhalten, falls jemand queren will. Das ist die Theorie. In der Praxis kommt Unsicherheit auf: Heisst das, ich darf durch, solange jemand erst auf der anderen Seite auf der Insel zuläuft?
Als Faustregel merken wir uns es am besten so: Es ist wie immer, wenn man keinen Vortritt hat. Muss der andere – hier der Mensch – wegen unserem Auto verlangsamen oder stoppen, haben wir ihm bereits den Vortritt genommen. Durchfahren ist nur erlaubt, solange der Mensch weder behindert noch gefährdet wird. Wichtig: Weil Fussgängerinnen und Fussgänger besonders schutzbedürftig sind, muss der Autofahrende rücksichtsvoll sein. Das heisst, dass wir im Auto auch mit Fehlern seitens Passantinnen und Passanten rechnen müssen. Das Bundesgericht sagt: Im Auto müssen wir davon ausgehen, dass ein Mensch auf der Insel nicht erneut schaut und verbotenerweise blind weiterläuft. Das müssen wir einkalkulieren und im Zweifel stoppen.
Übrigens: Quert ein Fussgänger «unsere» rechte Fahrbahnhälfte, ist jedes Durchflitzen oder Losfahren tabu, ehe die Person Trottoir oder Insel erreicht hat. Das gilt auch für Velos, E-Trottis und Co. Und apropos: Wer mal mit dem Zweirad einen Fussgängerstreifen nutzen will, muss vollständig absteigen. Denn wer noch im Sattel sitzt oder mit einem Fuss noch in einem Pedal oder noch auf dem E-Trotti steht, ist rechtlich fahrend, also nicht zu Fuss unterwegs – und hat keinen Vortritt. Wobei man als Autofahrender aber auch hier vorsichtshalber stoppen muss.