WEC: Neel Jani muss den Sieg verschenken
LANGSTRECKEN-WM Beim 6-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring hätte Neel Jani den Sieg mit Porsche verdient. Doch nach dem Ausfall in Le Mans musste er sich bereits ein erstes Mal in den Dienst der Teamkollegen stellen. Auch Sébastien Buemi wurde sein Pech mit Toyota nicht los. Der vierte Lauf zur World Endurance Championship (WEC) vor insgesamt 52000 […]
Der vierte Lauf zur World Endurance Championship (WEC) vor insgesamt 52000 Zuschauern auf dem Nürburgring verlief nach aussen hin spannend. Mit einem neuen Aerodynamikpaket, das mehr Abtrieb generiert, als er in Le Mans nötig war, hat Porsche die zu Saisonbeginn schnelleren Toyota von der Performance her eingeholt.
Auf dem deutschen GP-Kurs lieferten sich die beiden einzigen LMP1-Hersteller in der ersten Rennhälfte einen schönen Fight mit mehreren Führungswechseln. Erst als der aufgesammelte Gummiabrieb die Fahrzeugbalance der Toyota TS050 Hybrid mehr beeinflusste, als er dies bei den Porsche 919 Hybrid tat, waren die Würfel zugunsten der Titelverteidiger gefallen. Toyota musste sich mit dem dritten Platz von Kamui Kobayashi, Mike Conway und José María López, die nach 1048 Rennkilometern um 1:04 Minuten zurücklagen, begnügen.
Die Entscheidung um den Sieg beim deutschen WM-Lauf traf Porsche teamintern aber schon lange zuvor. Vor einem Monat fiel das Auto von Neel Jani, André Lotterer und Nick Tandy in Le Mans vier Stunden vor Schluss mit 13 Runden Vorsprung einem kapitalen Motorschaden zum Opfer.
„Wir verloren dadurch nicht nur den sicheren Sieg, sondern auch die Chance auf den WM-Titel“, hadert der 33-jährige Bieler mit diesem Schicksal, das ihn noch monatelang verfolgen wird.
Weil nämlich die Porsche-Teamkollegen Earl Bamber, Timo Bernhard und Brendon Hartley den Triumph in Le Mans erbten und dank der 50-WM-Punkte an die Tabellenspitze schossen, muss sich Jani nun mit seinen Teampartnern in deren Dienst stellen.
Porsche setzt alles daran, wie 2015 und 2016 nach dem Sieg in Le Mans auch den WM-Titel in der Hersteller- und Fahrerwertung nach Stuttgart zu holen. Deswegen verhängte die Teamleitung schon nach dem ersten Saisondrittel eine interne Stallorder. Und daher dauerte der letzte Tankstopp von André Lotterer im Porsche #1 nach 197 von 204 Runden halt 20 Sekunden länger als der von Timo Bernhard im Porsche #2. So konnte der Doppelsieg in der richtigen Reihenfolge sichergestellt und die Tabellenführung in der Fahrer-WM ausgebaut werden.
„Natürlich haben wir keine Freude daran, weil wir lieber selbst gewinnen möchten. Aber dies gehört halt zu unserem Job“, sagt der Weltmeister zähneknirschend. „Dafür stellt uns Porsche auch ein Auto zur Verfügung, mit dem wir jederzeit um den Sieg kämpfen können…“
Janis einzige Hoffnung, in einem der restlichen fünf 6-Stunden-Rennen nochmals selbst zum Handkuss zu kommen, ruht auf einem offenen Schlagabtausch mit Toyota. Wenn sich eines der beiden Toyota-Teams zwischen den zwei Porsche platziert, entscheidet die wahre teaminterne Stärke.
Früher Defekt am Toyota von Sébastien Buemi
Auf dem Nürburgring fiel das Auto von Sébastien Buemi noch früher als in Le Mans aus der Entscheidung. Wegen einer defekten Benzinpumpe schon in der Einführungsrunde konnte der Waadtländer das Rennen erst nach einem achteinhalbminütigen Reparaturstopp aufnehmen. Den dadurch eingehandelten Rückstand von fünf Runden vermochten Buemi, Davidson und Nakajima aus eigener Kraft natürlich nicht mehr wettzumachen.
Das Trio schob sich zwar rasch an allen GT- und LMP2-Autos vorbei auf den vierten Gesamtrang, dieser ergab aber nur noch 12 WM-Punkte. So liegen die Gewinner der ersten beiden 6-Stunden-Rennen von Silverstone und Spa nun in der Weltmeisterschaft um 30 Punkte hinter den Siegern von Le Mans und Nürburgring zurück.
Bei noch 130 bereitliegenden WM-Punkten ist für Sébastien Buemi im Gegensatz zu Neel Jani, der sich bei 62 Zählern Rückstand wirklich keine grossen Hoffnungen mehr zu machen braucht, aber noch gar nichts verloren.