Hemberg: Spannung vor dem SM-Saisonstart
ERSTES BERGRENNEN 2018 Wer der Formel E nichts abgewinnen kann, kommt in Hemberg auf seine Kosten. Im Toggenburg kämpft die Schweizer Bergelite, angeführt von Meister Marcel Steiner, um die ersten SM-Punkte. Die Terminkollision ist unglücklich, stellt aber nur jene vor die Qual der Wahl, die – wie der Autor – Argumente für den Besuch beider […]
Die Terminkollision ist unglücklich, stellt aber nur jene vor die Qual der Wahl, die – wie der Autor – Argumente für den Besuch beider Veranstaltungen hätten und sich am Wochenende für das eine oder andere Rennen entscheiden müssen.
Wer nur „normalen“ Motorsport oder speziell das Bergrennen Hemberg mag, für den stellt sich die Frage ohnehin nicht.
Jubiläum im Toggenburg
Vor 50 Jahren wurde dieses Bergrennen zum ersten Mal ausgetragen, damals auf der alten Strecke von St. Peterzell nach Hemberg. Nach 1990 war Schluss, bis OK-Präsident Christian Schmid, Rennleiter Christian Müller und Toggenburger Kollegen eine Neuauflage initiierten. Seit 2012 ist auch dieses neue Rennen nicht mehr wegzudenken.
Leider geriet der Anlass im vergangenen Jahr durch einen schlimmen und dummen Unfall bei Demonstrationsfahrten mit einem Elektrosportwagen in weltweite Schlagzeilen. Vergessen wird man diesen Vorfall nie, aber inzwischen ist er abgehakt, die Konsequenzen sind gezogen.
Wo steht die Konkurrenz von Marcel Steiner?
Hemberg bildet wie in den Vorjahren den Auftakt zur Schweizer Berg-Meisterschaft 2018. Als Titelverteidiger tritt Marcel Steiner mit seinem LobArt-Mugen an.
Von den Anwärtern auf den Tagessieg ist der Berner neben Robin Faustini der einzige, der 2018 bereits Bergrennen im Ausland bestritten hat. Daher hat er bereits Erfahrungswerte mit dem weiter modifizierten Sportwagen, den seine direkten Gegner um den Titel aus der Rennwagenklasse bis drei Liter noch nicht haben.
Eric Berguerand hat seinen Lola FA99 mit einem AC-Cosworth-Ford-Motor der letzten Formel-3000-Generation ausgerüstet. Die Umbauarbeiten am Chassis und der Einbau der Elektronik sind so aufwändig, dass sie für den Walliser ein Rennen gegen die Zeit sind bzw. waren. Der fünffache Bergmeister wird daher erst in Hemberg sehen, wie das Ganze im Wettbewerb funktioniert.
Thomas Amweg hat die technischen Probleme an seinem Lola B99/50-Cosworth so weit ausgemerzt, dass er nun ernsthaft um das Gesamtsiegerpodium kämpfen will. 2017 war dies noch nicht der Fall.
Dasselbe hat Robin Faustini mit dem neu angeschafften Reynard K01 aus der ehemaligen Formel Nippon vor. Um dessen Potenzial auszunützen oder sogar auszuschöpfen, benötigt der 20-jährige Aargauer aber noch etwas Zeit, die er sich auch nehmen will.
Neff ist wieder der Favorit
Bei den Tourenwagen ist Meister Frédéric Neff der Favorit. Mit seinem auf Stand 911 GT3 R verbreiterten Porsche 996 Cup dürfte der Bernjurassier in der stets vollen Gruppe Interswiss nur schwer zu schlagen sein. Zumal Bruno Sawatzki mit seinem GT3 nun solo in der Gruppe GT starten muss und Danny Krieg seinen Porsche verkauft hat.
Bleibt nur Willi Jenni als Markenkollege in einem weniger PS-starken 997 Cup mit 3,6-Liter-Motor (Neff hat einen Vierliter-Rennmotor von Egmo) als ebenbürtiger Gegner für Neff in der Gruppe IS übrig. Doch der Appenzeller wird kaum alle Bergrennen bestreiten.
Bratschi oder ein anderer?
Der Tourenwagen-Gesamtsieg wird bei den ersten Rennen in Hemberg und Reitnau nur über Ronnie Bratschi im neuen Mitsubishi Evo VIII führen. Der Urner visiert jedoch primär den FIA International Hill Climb Cup und nicht die Schweizer Meisterschaft an.
Von der Leistung her sind die Mitsubishi Evo VIII von Roger Schnellmann und Thomas Kessler auf ähnlichem Niveau, ebenso der Ford Escort Cosworth von Romeo Nüssli. Simon Wüthrichs VW Golf Turbo 4×4 hat zwar weniger Power, dafür ist er deutlich leichter.
Für Bratschi, der die internationale Konkurrenz heuer trotz eines noch nicht einwandfrei laufenden Autos schon zweimal geschlagen hat (nach Prüfstandversuchen bei Egmo funktioniert die Elektrik nun einwandfrei), wird es also keine Spazierfahrt. Dies spricht auch für das hohe Niveau der Schweizer Gruppe E1, die in Hemberg mit 57 Fahrern vertreten sein wird.
Leider ist Reto Meisel, der Meister von 2016, mit seinem Mercedes SLK höchstens noch sporadisch bei Schweizer Rennen am Start. Er hält die meisten E1-Streckenrekorde.
Viel Neues in der SuperSerie
Im Feld der 180 Fahrer, davon 26 REG-Lizenzierte, gibt es einige erwähnenswerte Neuzugänge. So startet Patrick Flammer erstmals mit einem Opel Astra TCR, mit dem er vor einer Woche beim Kerenzerbergrennen zur Demonstration teilgenommen hat.
Leider ist Michel Zemp, der 2017 mit seinen Zeiten innerhalb der E1 verblüffte, auf einem Seat Cupra in Hemberg der einzige Gegner in der neu lancierten TCR-Klasse. Diese wird aber bestimmt noch Zuwachs erhalten.
In der Gruppe SuperSerie inkl. SS-Competition treten mit Andy Feigenwinter auf einem bei Lotus-West in St. Gallen vorbereiteten Exige 430 und Cédric Junod auf einem Audi TT RS zwei neue schnelle GT-Serienwagen an.
Und bei den SS-Zweilitern stammen drei der sieben Fahrer aus der letztjährigen Berg-SM Junior. Champion Rolf Reding fährt weiterhin einen Toyota GT86, Mario Koch und Raphael Feigenwinter sind nun auf jenen Honda Integra unterwegs, die bisher Oski Kuhn (Koch) und Bergpokalsieger Giuliano Piccinato (Feigenwinter) steuerten.
Schliesslich ist Stefan Böhler, bisher mit einem Formel Renault 2000 unterwegs, mit einem Norma-Honda ein Neuzugang bei den Sportwagen.
Fünf Trainings- und drei Rennläufe
Es gibt also viele Gründe, auf den Saisonauftakt in Hemberg gespannt zu sein. Und wer auch die Formel E in Zürich live erleben möchte, kann sich am Vortag ins Toggenburg begeben.
Am Samstag stehen ab 7.30 Uhr vier Trainingsläufe auf dem Programm. Nach einem fakultativen Training am Sonntagmorgen ab 7.30 Uhr wird um 9.40 Uhr zum ersten von drei Rennläufen gestartet.