VW Bulli: Ein Lebensgefühl feiert Geburtstag
Er ist das am längsten gebaute Nutzfahrzeug Europas. Am 8. März 1950 fuhr der erste Bulli im VW-Werk in Wolfsburg (D) vom Band. Seitdem folgten mehr als 12,5 Millionen Brüder. Wir blicken zurück auf die verschiedenen Generationen von T1 bis ID.Buzz.

Am 8. März 1950 fuhr der erste T1-Transporter vom Band. Seitdem folgten 12,5 Millionen weitere Bulli. Damit ist der ab 1956 in Hannover (D) produzierte, vielseitige VW auch das erfolgreichste europäische Nutzfahrzeug aller Zeiten. Vom T1 bis zum T6.1 der sechsten Generation lieferte zudem stets eine Plattform die Basis für alle Derivate – vom Transporter über den Multivan bis hin zu den Camper-Ikonen. Doch das Zeitalter der E-Mobilität machte eine Transformation des Allrounders und einen Paradigmenwechsel notwendig: Aus einem Bulli für alle wurde «für jeden der richtige Bulli».
Der Beginn einer Legende – T1: 1950 bis 1967
Europa musste sich nach dem Zweiten Weltkrieg 1950 neu erfinden. Der Amerikaner Bing Crosby ist der musikalische Superstar dieser Zeit, Elvis Presley hingegen noch ein Teenager und Paul McCartney ein Schuljunge. Während die Rockmusik erst erfunden werden wird, produziert Volkswagen bereits im fünften Jahr erneut einen kleinen Wagen, der gerade weltweit gross rauskommt: den Käfer alias Typ 1. In dieser Zeit, am 8. März, startet VW ausserdem die Serienproduktion einer zweiten Baureihe: des Transporters. Intern heisst er einfach Typ 2 T1.

Bereits 1949 wollte Volkswagen die volkstümliche Bezeichnung Bulli als Wortmarke beim Patentamt schützen lassen. Doch ein anderes Unternehmen hatte sich die Rechte zuvor für ein Pistenfahrzeug gesichert. Pech. Oder auch nicht: Denn die Bezeichnung Bulli bahnt sich irgendwie doch ihren Weg zu den Fans. Der inoffizielle Name des Transporters für den deutschsprachigen Raum war geboren. Offiziell bliebt es zunächst bei «Transporter».

Die erste Version des 4,10 Meter langen T1 ist ein Kastenwagen ganz ohne Fenster im Laderaum, der beachtliche 4,5 Kubikmeter fasst. Die zweigeteilte «Split Window»-Frontscheibe bringt ihm in Grossbritannien den Spitznamen «Splittie» ein. Mit dem 18-kW-/25-PS-Vierzylinder-Boxer aus dem Käfer erreicht der T1 damals 80 km/h Spitze; später wird die Leistung auf 32 kW/44 PS und die Höchstgeschwindigkeit auf 105 km/h steigen.

Zügig folgen weitere Karosserievarianten: Ein Kombi mit verglastem Fond steht schon im April 1950 bereit, danach ein Kleinbus und ein Pritschenwagen. Jenes Sondermodell, das heute als legendärster aller Bulli-Oldtimer gilt, debütiert im Juni 1951: der «Kleinbus Sonderausführung» – von den Fans «Samba-Bus» getauft. Er bietet Platz für neun Personen und zeichnet sich durch bis zu 23 Fenster, eine Zweifarblackierung und eine luxuriöse Ausstattung inklusive Panorama-Faltdach aus. Bulli-Fans weltweit blättern heute weit mehr als 100’000 Franken für ein Original hin, egal, wie viele Kilometer er schon auf dem Tacho hat. 1956 verlegt Volkswagen die Fertigung in das neue Werk Hannover (D). Am 2. Oktober 1962 verlässt bereits der einmillionste T1 die Montagehallen. Im Juli 1967 wird der T1 nach mehr als 1,8 Millionen Exemplaren durch den T2 abgelöst.

Der Flower-Power-Bulli – T2: 1967 bis 1979
Zigtausend junge Menschen strömen 1967 in Kalifornien zum Monterey Pop Festival. Die Beatles veröffentlichen mit «Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band» eines der wichtigsten Alben aller Zeiten. Mitten in diesem Soundtrack debütiert 1967 die zweite Generation des Bulli: der T2. Es ist die Generation des Bulli, mit der die heutigen Babyboomer aufwachsen, mit der sie als Kinder hinten im VW Bus mit ihren Eltern die Welt entdecken, mit dem die Post die Pakete bringt, mit dem die Handwerker Europas auf Montage gehen und Polizisten und Sanitäter ihren Dienst erledigen. Als Campingwagen wird der T2 zum unverwüstlichen Gefährt der Globetrotter. Im August 1969 schreiben Musiker wie Jimi Hendrix und Joan Baez in Woodstock Geschichte. Hier entsteht das berühmteste aller Bulli-Fotos: ein Flower-Power-T1 – der «Light Bus»– mit einem Paar auf dem Dach. Es brennt sich in das kollektive Gedächtnis der Menschheit ein und macht den Bulli zur Ikone der automobilen Freiheit. Kreiert und bemalt wurde dieser T1 vom Künstler Dr. Bob Hieronimus, der dem VW-Bus bis heute verbunden ist und 2023 eine moderne Interpretation mit dem «Earth Buzz» geschaffen hat.

Die neue Frontpartie ist das markanteste Erkennungszeichen des T2. Statt der V-Form zwischen den Rundscheinwerfern betont nun ein Design mit horizontalen Linien die Breite. Nicht nur diese Details lassen den T2 moderner wirken: Sichtbar grössere Seitenfenster und die nun einteilige, stark gewölbte Windschutzscheibe fallen am stärksten auf. Zudem hat der T2 jetzt serienmässig eine Schiebetür. Spürbar modernisiert haben die Ingenieure die Technik. Am deutlichsten ist der Fortschritt beim Fahrwerk und den Bremsen zu spüren. Bei unverändertem Radstand von 2,40 Metern und etwas mehr Breite legt zudem die Karosserie um 20 Zentimeter Länge zu. Dadurch punktet der T2 mit einem nochmals besseren Raumangebot.

Im Jahr 1972 folgt ein grosses Facelift und festigt den Erfolg des Weltbestsellers. 1978 verlässt bereits der 4,5-millionste Transporter die Produktionshallen. Ein Jahr später läuft die deutsche T2-Fertigung aus. Ein Ende der Produktion ist aber noch lange nicht in Sicht, sie wird nur woanders fortgesetzt: bis 1987 im mexikanischen Werk Puebla mit luftgekühltem Boxermotor, danach noch bis 1996 mit wassergekühlten Vierzylindern. Darüber hinaus werden bei Volkswagen do Brasil bis 2013 weitere 355’000 T2c gebaut, bis verschärfte Sicherheits- und Emissionsbestimmungen zum endgültigen Abschied dieses Evergreens führen. Die letzten 1200 Exemplare des T2 verlassen als die «56 Anos Kombi – Last Edition» das Werk.

Klarheit und Präzision – T3: 1979 bis 1992
In den späten 1970er-Jahren formen neue Bands wie die Dire Straits und The Alan Parsons Project und alte Kultrock-Gruppen im Stile von Pink Floyd und Yes den unvergleichlichen Sound jener Zeit. Genauso unvergleichlich ist der 1979 vorgestellte T3 von VW und schreibt als der eckigste Bulli aller Zeiten Geschichte. Doch der T3 ist auch der bis dato technisch beste Transporter. Ausserdem entstehen auf seiner Basis Ikonen wie der erste California und der ebenfalls erste Multivan. Signifikante Fortschritte erzielt VW im Bereich der passiven Sicherheit. Die breitere Karosserie bietet bei moderatem Längenzuwachs und Höhe zudem deutlich mehr Fahrgast- und Laderaum; die einheitlichen Flachmotoren tragen ebenfalls dazu bei.

Die luftgekühlten T3-Boxermotoren leisten zur Markteinführung zwischen 37 kW/50 PS und 51 kW/70 PS. Ab 1981 arbeitet erstmals ein wassergekühlter Dieselmotor im Heck des Transporters. Leistung: 37 kW/50 PS. Nur ein Jahr später folgen eigens neu für den Bus entwickelte Boxermotoren mit Wasserkühlung. Sie entwickeln 44 kW/60 PS und 57 kW/78 PS. Später steigt deren Leistung auf bis zu 82 kW/112 PS. 1985 reicht VW zahlreiche weitere Innovationen nach: Die Benzinmotoren erhalten Katalysatoren, erste Dieselmotoren einen Turbolader. Vor allem aber bereichern die allradgetriebenen Modelle das Programm; sie tragen die Zusatzbezeichnung Syncro. Ab 1988 gibt es mit dem California erstmals einen werkseigenen Camper. Als der letzte T3 im Werk Hannover vom Band fährt, haben sich weitere neue Versionen wie der Caravelle und Multivan längst als Bestseller etabliert. Die Syncro-Versionen des T3 werden noch bis 1992 im Steyr-Daimler-Puch-Werk in Graz (A) produziert. In Südafrika fährt der T3 sogar noch bis 2002 vom Band.

Technische Revolution – T4: 1990 bis 2003
Das Autoradio 1990 einzuschalten, ohne einen Song von Phil Collins oder Madonna oder Westernhagen und Grönemeyer zu hören, ist zu Beginn der 1990er-Jahre praktisch unmöglich. So ist es auch, als VW im August 1990 den neuen T4 vorstellt. Die vierte Generation ist eine technische Revolution. Denn nach 40 Jahren Heckantrieb und Heckmotor stellt Volkswagen das Antriebskonzept komplett um: Ab sofort befinden sich die Motoren vorne; und sie treiben auch nicht mehr die Hinterachse, sondern die Vorderräder an. Es sei denn, es ist – wie optional schon im T3 verfügbar – der Syncro-Antrieb an Bord, über den beim T4 zusätzlich auch die Hinterachse angetrieben wird.

Mit dem Wechsel auf Frontantrieb ändert sich alles am Bulli: das Design, das Fahrwerk, die Motoren und das Raumangebot. Vor allem im Heck, wo beim T3 noch der Boxermotor einiges an Volumen einnahm, steht nun deutlich mehr Platz zur Verfügung. Vorn wächst der T4 in die Länge, um dort ausreichend Raum für die quer eingebauten Vier- und Fünfzylinder-Reihenmotoren sowie bessere Crash-Eigenschaften zu schaffen. Zum Marktstart können die T4-Käufer zwischen drei wasserkühlten Benzin- und zwei Dieselmotoren wählen (49 kW/61 PS bis 81 kW/110 PS) . Im Januar 1996 gibt es ein umfassendes Update, besonders unter der Motorhaube: Ein erster Turbodieseldirekteinspritzer (TDI) mit 2,5 Liter Hubraum und Fünfzylinder wird eingebaut. Der längere Vorbau erlaubt zudem die Integration eines 2,8-Liter-VR6-Benziners. Der Top-TDI leistet ab 1998 beachtliche 111 kW/151 PS, der Sechszylinder entfesselt bis zu 150 kW/204 PS. Nach 14 Jahren Bauzeit und rund zwei Millionen Exemplaren wird der T4 im Jahr 2003 vom T5 abgelöst.

Zeitlos und schlicht – T5: 2003 bis 2015
Christina Aguilera, Dido, Robbie Williams und Justin Timberlake prägen den Soundtrack des Jahres 2003. Es ist das Jahr, in dem VW Nutzfahrzeuge die fünfte Generation des Transporters – den T5 – auf den Markt bringt. Die Neukonstruktion ist geräumig und variabel wie kein Bulli zuvor. Der Transporter debütiert als Kombi, Kastenwagen, Pritsche, Doppelkabine und als Fahrgestell für Fremdaufbauten. Zudem sind es die hochmodernen Neuauflagen des Caravelle, Multivan und California, mit denen VW Nutzfahrzeuge den Bulli neu definiert.

Den Vortrieb übernehmen zum Debüt des T5 sogenannte Pumpe-Düse-Turbodiesel und Benzinaggregate. Die Diesel entwickeln zwischen 63 kW/86 PS und 128 kW/174 PS. Bei den Benzinern reicht das Spektrum vom 85 kW/115 PS bis zu einem V6-Kraftwerk mit 173 kW/235 PS. Die Allradversionen werden aufgrund einer neu entwickelten Lamellenkupplung von Syncro in 4Motion umbenannt. Einen Grund zum Feiern gibt es 2007: Endlich gehören die Namensrechts von «Bulli» auch VW. Zwei Jahre danach werden die TDI-Aggregate durch neue und leisere Common-Rail-Vierzylinder ersetzt, die bis zu 132 kW/180 PS mobilisieren. Auch die Benziner werden in diesem Zuge von neuen Turbomotoren abgelöst. Bis 2015 fährt der T5 vom Band. Dann wird er nach 13 Jahren und rund zwei Millionen Exemplaren vom umfassend modernisierten T6 abgelöst.

Qualität und Sparsamkeit – T6 und T6.1: 2015 bis 2024
«Hello» singt Adele vor exakt zehn Jahren – mit mehr als einer Milliarde Aufrufen auf YouTube ist das Musikvideo zum Song eines der erfolgreichsten aller Zeiten. Taylor Swift katapultiert sich im selben Jahr mit «Blank Space» in die Charts. Und Ed Sheeran beamt sich mit «Thinking Out Loud» gleich hinterher. So ungefähr hört es sich an, das Jahr 2015, in dem VW eine neue Evolutionsstufe des Bulli auf den Markt bringt: den T6. Neue Motoren, noch umfassendere Assistenz- und modernere Infotainmentsysteme kennzeichnen die neue Generation.

Äusserlich ist der T6 vor allem an seiner neu gestalteten Frontpartie zu erkennen. Neue Zweifarblackierungen sind eine Hommage an die ersten Bulli-Generationen. Vier neue TDI und zwei neue TSI mit jeweils zwei Liter Hubraum umfasst das Aggregate-Programm – alle serienmässig mit Start-Stopp-System. Das Leistungsspektrum reicht von 62 kW/84 PS bis 150 kW/204 PS. Je nach Leistung sind diese Triebwerke mit einem Fünf- oder Sechsgang-Schaltgetriebe oder mit einem Siebengang-DSG-Automat gekoppelt. Zudem lassen sich viele Varianten mit dem vor allem auch in der Schweiz sehr beliebten Allradantrieb bestellen.

Selbst die ausgereifte sechste Bulli-Generation lässt sich noch perfektionieren, wie der im Herbst 2019 vorgestellte T6.1 zeigt. VW Nutzfahrzeuge transferiert das Kultmodell damals in die Epoche der Digitalisierung: So wird die komplett neu gestaltete Instrumententafel des T6.1 erstmals mit volldigitalen Instrumenten angeboten. Zudem bietet die bis 2024 gebaute Generation 6.1 ein Upgrade der Ausstattungen und ein Update des Designs.
Nachhaltigkeit im Fokus – Multivan und California: seit 2021 und 2024
VW Nutzfahrzeuge zündet im November 2021 mit der neuen Multivan-Generation ein Feuerwerk der Innovationen. Erstmals basieren die Antriebs- und Elektroniksysteme eines Bullis auf den Komponenten des Modularen Querbaukastens (MQB). Mit ihm erschliesst VW Nutzfahrzeuge für den Bulli ein neues Hightech-Spektrum. Nie zuvor war ein Multivan variabler, vernetzter und nachhaltiger. Bereits 2021 ist optional ein erster Plug-in-Hybridantrieb an Bord. Mitte 2024 bringt VW Nutzfahrzeuge auf der Basis der Multivan-Langversion den neuen California auf den Markt – ein bis in das letzte Detail neu gedachtes und doch absolut ikonisches Reisemobil, das die DNA seiner Vorgänger in die Gegenwart und Zukunft transferiert.

Bulli goes Elektro – ID.Buzz und ID.Buzz Cargo: seit 2022
Am 9. März 2022 zeigt VW dann die von vielen Fans schon lange erwartete Serienversion des neuen ID.Buzz mit Elektroantrieb: als ID.Buzz Pro für Familie, Freizeit und Business sowie als ID.Buzz Cargo für Handwerk, Gewerbe und Industrie. Und das ist bis heute so. Allerdings hat sich die ID.Buzz-Familie seit 2022 deutlich vergrössert und entwickelt. Seit letztem Jahr kommt ein effizienterer E-Antrieb mit einer Leistung von 210 kW/286 PS und einer 79-kWh-Batterie zum Einsatz. Ob mit Platz für bis zu sieben Personen, mit kurzem oder langem Radstand, mit Heckantrieb oder auch 4×4 oder ebenfalls als sportlich ausgelegte GTX-Variante mit 250 kW/340 PS – zum 85. Geburtstag des Bulli gibt es es längst für jeden Einsatzzweck und jeden Style den passenden Elektro-Bulli. Und mit dem neuen Transporter und Caravelle geht die eindrückliche Geschichte auch im Einsatz als vielseitiger Arbeiter oder Grossraumtaxi weiter. Gefeiert wird das VW-Multitool für Job, Familie, Freizeit und Abenteuer 2025 natürlich auch – rund um den Globus wird es viele Events zum 75-jährigen Jubiläum geben, so beispielsweise auch eines vom 16. bis 18. Mai am Salzburgring in Österreich, wo auch eine Schweizer Bulli-Delegation mit von der Partie sein wird.
