Dieselabgase: Kaum Chancen für neue Kampagne

ALLES WIE GEHABT Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat gesprochen  und sich zu Umschaltvorrichtungen bei Dieselmotoren geäussert. Doch dabei ist, wenn man genauer hinsieht, eigentlich wenig Neues herausgekommen. Professor Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) erläutert die Fakten. Dabei wird klar: Zu einer erneuten Kampagne gegen den Selbstzünder taugt das Urteil nicht. Betrifft […]

Dieselabgase
Thomas Koch: «Im Kern ist dies ein Urteil, das sich auf die sogenannte Umschaltlogik konzentriert.»

Professor Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) erläutert die Fakten. Dabei wird klar: Zu einer erneuten Kampagne gegen den Selbstzünder taugt das Urteil nicht.

Betrifft das Urteil nun alle Dieselfahrzeuge?

Professor Thomas Koch: «Der EuGH hat konkret den Fall des VW-Motors EA 189 und hier konkret die Thematik der Umschaltlogik bewertet. Dieser Fall war von Behörden und nationalen Gerichten schon lange bewertet worden und abgeschlossen. Das ist im Grunde kalter Kaffee.»

Was ist denn die Kernaussage dieses Urteils?

«Im Kern ist dies ein Urteil, das sich auf den Einzelfall der so genannten Umschaltlogik konzentriert und mehrere Aussagen beinhaltet: Zunächst ist eine reine Prüfstanderkennung, beispielsweise über eine Lenkwinkelfunktion, die digital zwischen einer Emissionsstrategie nur für den Strassenbetrieb und nur für den Prüfstandbetrieb differenziert und nur im Prüfstandbetrieb die Emissionsgrenzwerte einhält, nicht legal.
Dies war schon immer die Position der Wissenschaft. Auch weitere Funktionen, die beispielsweise einen Zeittrigger enthalten und nach etwa 25 Minuten, also unmittelbar nach Testende, emissions-erhöhende Kennfelder nutzen, sind gemäss meiner Einschätzung eindeutig nicht rechtens.»

Beim Urteil geht es auch um den Motorschutz

«Dies ist absolut richtig. So hat das Urteil zum Kriterium des Motorschutzes ähnlich wie schon die Generalanwältin Earl Sharpston dargelegt, dass ein plötzlicher und aussergewöhnlicher Schaden drohen muss und die blosse Vermeidung einer Alterung oder Verschmutzung des Motors nicht ausreicht, um eine Abschalteinrichtung zu rechtfertigen, die dem Motorschutz dient.
Es geht im Kern nun darum, die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit eines aussergewöhnlichen Fahrzeugschadens zu beleuchten. Hierzu gehört der plötzliche Motorstillstand, der zu einer Gefahr für den Verkehrsteilnehmer werden kann.»

Sind Thermofenster nach dem Urteil zulässig?

«Der EuGH hat in dem Urteil nichts zu einer temperaturabhängigen Regelung beispielsweise der Abgasrückführung, dem so genannten Thermofenster, gesagt, weil es in dem Fall gar nicht um ein Thermofenster ging.

Wenn man sich aber die allgemeinen Aussagen des EuGH zu dem Kriterium des Motorschutzes ansieht und auf die seit Anfang der 2000er-Jahre übliche temperaturabhängige Abgasrückführung überträgt, wird klar, dass Thermofenster genau diesen Zweck eines Schutzes vor plötzlichen und aussergewöhnlichen Schäden haben und nicht etwa bloss der Vermeidung einer Alterung oder Verschmutzung des Motors dienen. Sie sind demnach auch nach dem neuen EuGH-Urteil zulässig.

Interview: Jens Meiners

europa.eu

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