Bugatti: Alles begann mit dem Chiron 4-005
VERDIENTER RUHSTAND Die meisten Prototypen im Automobilbau dienen der Entwicklung und werden meistens schnell entsorgt. Nicht so ein besonderes Bugatti-Modell, das über viele Jahre Daten für die Serie lieferte. Matte Oberfläche, Klebstreifen, Kratzer und leichte Blessuren zeugen vom harten Alltag des Bugatti Chiron1. Seit mehr als acht Jahren dient dieses Fahrzeug auf verschiedenen Kontinenten und […]
Matte Oberfläche, Klebstreifen, Kratzer und leichte Blessuren zeugen vom harten Alltag des Bugatti Chiron1. Seit mehr als acht Jahren dient dieses Fahrzeug auf verschiedenen Kontinenten und in ganz unterschiedlichen Klimazonen als Arbeitsgerät.
Der 4-005, wie er intern genannt wird, fuhr als erster Chiron in den USA, driftete in Skandinavien im Schnee und drehte auf dem Hochgeschwindigkeitsoval in Nardo schnelle Runden.
30 Steuergeräte durchliefen ein Testprozedere
In der Regel entwickeln Versuchsingenieure Prototypen für ganz bestimmte Aufgaben. Kurz nach Produktionsbeginn wird das Fahrzeug entwertet. Nicht so der «Vierfünf». Im 4-005 wurde ab 2013 die gesamte Software für den Chiron entwickelt und getestet. Rund 30 Steuergeräte durchliefen dazu ein bestimmtes Testprozedere.
Rüdiger Warda, seit fast 20 Jahren Fahrzeugentwickler bei Bugatti: «Mit dem 4-005 haben wir alle Erprobungen durchgeführt, waren viele Wochen unterwegs. Der Prototyp hat unsere Arbeit unterstützt, mit ihm haben wir den Chiron geprägt.»
Insgesamt 13 Ingenieure, Informatiker und Physiker arbeiteten mit dem Fahrzeug, hegten und pflegten es wie ihr eigenes Auto – obwohl es eigentlich nur ein Werkzeug für ihre Arbeit war.
Dienstfahrten durch die Staaten und Europa
Vor Markteinführung des Chiron im Jahr 2016 schützte eine Plane vor neugierigen Blicken und Paparazzi. Das Team fuhr durch die USA und halb Europa, um alle Systeme abzustimmen. Die Experten kontrollierten auch, wie sich die Telemetriedaten verhalten, wenn das Auto verschiedene Funknetze durchquert.
Rüdiger Warda: «Eine Mischung aus reiner Fahrmaschine und komfortabler, intuitiver Bedienung zu entwickeln, war eine Herausforderung. Bei Bugatti zählt das Fahren zum Erlebnis, die Menüführung soll es nur unterstützen.»
Um ein zeitloses und elegantes Design darzustellen, entschied sich Bugatti für eine zentrale Geschwindigkeitsanzeige, positionierte daneben hochauflösende 6-Zoll-Displays.
Sound-Abstimmung erfolgte erstmals im 4-005
Mark Schröder, seit zehn Jahren Entwickler des Human Machine Interface (HMI) bei Bugatti. «Viele Detaillösungen entdeckten wir auf Fahrten, diskutierten sie und setzten sie zuerst im 4-005 um. Auch die komplette Sound-Abstimmung erfolgte erstmals im 4-005. Hifi-Experten tüftelten tagelang am perfekten Klang.»
Auch nach acht Jahren und über 74 000 Kilometern in hartem Einsatz zeigt sich die Elektronik nahezu verschleissfrei. Nun geht der Prototyp in den Ruhestand.