Trento: Kein Bergrennen wie viele andere
17,3 KM LANG Trento–Bondone ist das längste Bergrennen Europas. Statt in Reitnau fuhren ein paar Schweizer am 1. Juli in Italien und hinterliessen dabei einen unterschiedlichen Eindruck. Tagessieger wurde Christian Merli, der in Les Rangiers den EM-Streckenrekord hält. Er ist der Klassiker unter den europäischen Bergrennen: 1925 kam das Bergrennen Trento–Bondone erstmals zur Austragung, seit […]
Er ist der Klassiker unter den europäischen Bergrennen: 1925 kam das Bergrennen Trento–Bondone erstmals zur Austragung, seit 1959 beträgt die Streckenlänge 17,3 km. Damit ist es das von seiner Länge her anspruchsvollste Bergrennen Europas.
Erinnerungen an Peter Schetty
Oftmals zählte es zur Berg-EM, zuletzt 2017. Als bisher einziger Schweizer liess sich 1969 der Basler Peter Schetty mit einem Ferrari 212 E als Tagessieger verewigen.
Der spätere Ferrari-Rennleiter bewältigte die Strecke als erster Fahrer im Rennen unter 11 Minuten und hielt den Rekord in 10:58,61 (94,564 km/h) bis 1973. Der auch in der Schweiz oftmals in St-Ursanne gestartete Mauro Nesti war 1990 auf Osella-BMW 2.0 der erste Tagessieger mit mehr als 100 km/h Schnitt.
Zu materialmordend für Ronnie Bratschis Mitsubishi
In diesem Jahr zählte die 68. Austragung von Trento–Bondone zur italienischen Bergmeisterschaft sowie zum FIA International Hill Climb Cup.
Ronnie Bratschi fährt zwar um den Titel in der Kategorie 3 der E1-Tourenwagen, zog aber den Start in Reitnau vor – nicht nur seinem Hauptsponsor Eventcenter Seelisberg und den Zuschauern zuliebe, sondern aufgrund seines nicht für eine solche Streckenlänge konzipierten Mitsubishi Evo VIII.
Von seinen direkten Gegnern um den Titel reiste denn auch nur der Tscheche Karel Trneny in die autonome Provinz Trient. In Abwesenheit der stärksten Italiener aus der Gruppe E1 holte Trneny mit seinem auf langen Rallyestrecken erprobten Skoda Fabia WRC (mit unlimitierter Leistung) unangefochten das Punktemaximum.
Trotz dieses freiwilligen Streichresultats bleibt Bratschi mit 58 Punkten an der Tabellenspitze vor den punktgleichen Tschechen Cvrcek und Trneny mit ihren Skodas (je 50) und dem Bulgaren Niki Zlatkov im Audi S1 quattro.
Endlich ein Sieg des Lokalmatadors Merli
In Abwesenheit von Simone Faggioli, der dem grossen und zeitraubenden Abenteuer Pikes Peak den Vorzug gab, war Christian Merli der einsame Favorit. Dieser Rolle wurde der Streckenrekordhalter des Schweizer EM-Laufs St-Ursanne–Les Rangiers (seit 2017) absolut gerecht.
Mit 9’21,53 blieb der Lokalmatador zwar weit über Faggiolis Fabelrekord vom Vorjahr (9’00,52) mit speziellen Pirelli-Reifen (Merlis Avon bauen auf Distanz mehr ab). Dafür siegte er klar vor seinen Landsleuten Fattorini und Degasperi, alle auf Osella FA30-Zytek. Seit 48 Jahren ist Merli der erste Tagessieger aus dem Trentino.
Christian Merli: „Zweimal hätte ich das Auto über die Vorderachse bei nahe verloren. Danach achtete ich nicht mehr auf die Zeit, sondern die sichere Zielankunft. Mein Osella ist eher für mittelschnelle und schnelle Strecken gebaut. Aber natürlich freue ich mich über den ersten Heimsieg.“
Achtbares Resultat von Fabio Nassimbeni
Dieses Jahr nahmen drei Schweizer Fahrer, alle italienischer Herkunft, dieses in nur einem Rennlauf ausgetragene Bergrennen unter die Räder.
Der Schnellste war Fabio Nassimbeni, der mit einem Porsche Cayman GT4 mit einer Zeit von 12’07,25 zum 70. Gesamtrang unter 168 Gestarteten fuhr.
Nassimbeni ist Italiener, fühlt sich aber als Schweizer und wohnt in Hadlikon-Hinwil. Er Vorstandsmitglied des ACS Sektion Zürich und machte sich einen Namen als Gesamtsieger der Mini Challenge Switzerland 2008 und 2009.
Fabio Nassimbeni: „Ich fuhr schon bei mehreren Bergrennen in der Nähe meiner italienischen Heimat. Nun hat es auch mal zeitlich gepasst, dass ich Trento–Bondone bestreiten konnte. Die Stimmung mit 22000 Zuschauern war grandios. Diese Strecke hat alles drin, aber man kann sie nicht einfach auswendig lernen. Man muss sie etwas einteilen. Schnell fuhr ich nur auf Sicht, ansonsten vorsichtig. Ich bin sehr zufrieden, denn wenn ich nicht gut dreieinhalb Kilometer lang hinter einem Sierra RS500 hätte fahren müssen, bevor ich ihn überholen konnte, wäre die Platzierung besser gewesen.“
Ein Beweis der Streckenkenntnis
Mehr als eine Minute länger (13’22,61) benötigte Robert Servalli (Platz 128), bis er mit seinem BMW M3 GTR (E1+3000) das Ziel auf dem 1650 m hohen Monte Bondone erreicht hatte.
Nur 1,6 Sekunden mehr als Servalli benötigte der hierzulande unbekannte Fabiano Fenini mit seinem Citroën Saxo. Der italienische Sieger in seiner Klasse (N-1600) war mit demselben Modell 70 Sekunden schneller. Das zeigt, was Streckenkenntnis und Fahrkönnen auf dieser speziellen Piste ausmachen.
Weil er keinen der beiden Trainingsläufe absolviert bzw. beendet hatte, wurde Enzo Bottecchia mit seinem Renault 5 Turbo nicht zum Rennlauf zugelassen.
Christophe Weber, im Vorjahr hervorragender Dritter in der Zweiliter-Rennwagenklasse, stand nur auf der Startliste.